Neue Chancen für die Integrierte Ländliche Entwicklung
durch die EU-Verordnung ELER?

26. Bundestagung vom 5 bis 7. Oktober 2005 in Göttingen, Niedersachsen

Die Deutsche Landeskulturgesellschaft war Gast an der Georg-August-Universität in Göttingen. Veranstaltungsort für das Expertengespräch sowie für die Vortragsreihe war die Aula am Waldweg. Das Tagungsthema „Neue Chancen für die Integrierte Ländliche Entwicklung durch die EU-Verordnung ELER?“ sollte einen Überblick geben, inwieweit die Neuausrichtung der EU-Förderung einer integrierten ländlichen Entwicklung neue Impulse geben kann. Der gute Besuch der Herbsttagung 2005 zeigte das erwartet große Interesse an der zukünftigen Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes durch die europäische Gemeinschaft.

In der DLKG-Schriftenreihe, Heft 03, 2005 (Hrsg. Frühjahr 2006) sind die Beiträge der Eröffnungsveranstaltung und der Vortragsreihe veröffentlicht.

Traditionell eröffnet wurde die Bundestagung in Göttingen mit einem offenen Expertengespräch und einer sich anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema „Honorierung ökologischer Leistungen in der Landwirtschaft – Perspektiven für den ländlichen Raum?“ Nach der Begrüßung der Podiumsteilnehmer und des Auditoriums führte der Vorsitzende der Deutschen Landeskulturgesellschaft Herr Dr. Werner, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) Müncheberg kurz in die Thematik ein. Anschließend übernahm Herr Orth vom Norddeutschen Rundfunk Hannover, Redaktion Landespolitik/ Wirtschaft/ Kultur, die Gesprächs- und Diskussionsleitung.

Die Teilnehmer des Expertengesprächs waren Herr Gottfried Briemle (Staatliche Versuchs- und Lehranstalt für Viehhaltung und Grünlandwirtschaft/ Aulendorf), Herr Holger Gerth (Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein), Herr Horst-Henning Steinmann (Forschungs- und Studienzentrum Landwirtschaft und Umwelt/ Universität Göttingen) sowie Herr Lothar Nolte (Niedersächsisches Umweltministerium/ Hannover) und Herr Hartmut Geries (Geries Ingenieure GmbH/ Gleichen-Reinhausen).

In der nachfolgenden Diskussion unter den Podiumsteilnehmern wurde nochmals deutlich, dass Umweltleistungen der Landwirtschaft dort zu erbringen sind, wo konkret ein Bedarf bestehe. Hier sei eine Umkehr in der bisherigen Praxis notwendig, wonach der Schwerpunkt der Agrarumweltprogramme bisher in Regionen mit unterdurchschnittlichen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen lag. Es bleibt abzuwarten, ob es hierfür einen politischen Willen gibt und ob die Finanzausstattung sowie der Personalbestand der Fachverwaltungen einen Kurswechsel in der Förderung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft erlaube. Ergebnis der Diskussion mit dem Auditorium war, dass zukünftig eine Konzentration auf wenige Agrarumweltmaßnahmen erforderlich sein wird, die regional umzusetzen sind. Be-triebsbezogene Managementsysteme und ein gesamtbetrieblicher Förderansatz sind Schritte hin zu einer flexiblen Agrarumweltberatung, anstatt das starre System der bisherigen Agrarumweltprogramme fortzusetzen. Regionale Schutzziele sind vom Naturschutz und der Agrarverwaltung einvernehmlich zu formulieren.

Die Vortragsreihe am zweiten Tagungstag eröffnete der Vorsitzende der Deutschen Landeskulturgesellschaft. Herr Dr. Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V., Müncheberg führte kurz in die Thematik des Tagungsthemas ein. Das einleitende Grußwort sprach Herr Prof. Rainer Maggraf, Dekan der Fakultät für Agrarwissenschaften/ Universität Göttingen. Herr Prof. Marggraf sieht in der ELER-Verordnung drei wesentliche Ziele: Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft, Umwelt- und Landmanagement sowie Stärkung der Biodiversität ländlicher Räume. Hieraus resultiere ein Spannungsfeld, das auch in den nachfolgenden Fachvorträgen zum Ausdruck kommen wird. Die Bürgermeisterin, Frau Katharina Lankeit, begrüßte die Tagungsteilnehmer im Namen der Stadt Göttingen. Frau Lankeit verdeutlichte welchen Stellenwert die 1734 gegründete Hochschule für eine Stadt mit rund 130.000 Einwohner hat. Stellvertretend für die Organisation vor Ort begrüßte zuletzt Herr Bethmann von der Landwirtschaftskammer Hannover die Tagungsteilnehmer und wünschte der Veranstaltung einen interessanten Verlauf.

Der Vortragsreihe am zweiten Tagungstag folgte eine offene Podiumsdiskussion der Referenten zum Thema „Die ELER-VO der EU – reichen die Instrumente für eine integrierte ländliche Entwicklung aus?“ Moderiert wurde der abschließende Programmpunkt von Herrn Wolfgang Reimer (Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Bonn). Eine erfolgsorientierte Honorierung von Agrarumweltmaßnahmen stand im Mittelpunkt der Diskussion.  Dank der Notifizierung in ELER können bisher handlungsorientierte Agrarumweltmaßnahmen weiter entwickelt werden. Die ELER-VO erlaubt eine Ausschreibung von Umweltleistungen dort, wo handlungsorientierte Ansätze nicht zielgerichtet sind. Diskutiert, jedoch nicht abschließend beantwortet wurde die Frage, ob eine Förderspanne nicht zu vergleichbaren Ergebnissen führen könnte wie ein erfolgsorientierter Förderansatz. Einigkeit bestand darin, bestimmte Entwicklungsziele zukünftig erfolgsorientiert zu definieren. So führt eine handlungsorientierte Grünlandextensivierung zur Vereinheitlichung des Grünlands. Der Biodiversitätsverlust in unserer Kulturlandschaft wird somit nicht gestoppt. Auch den erfolgsorientierten Agrarumweltmaßnahmen sind vor allem dann Grenzen gesetzt, wenn langfristige Entwicklungsperspektiven fehlen.

Herr Dr. Werner formulierte das Schlusswort zum zweiten Veranstaltungstag: Die Beiträge der Referenten machten deutlich, dass von der ELER-VO der EU in den kommenden Jahren neue Ideen und neue Wirkungen ausgehen werden. Sektorale Sichten haben keine Zukunft, die Integration müsse in den Vordergrund treten. Die Vorgaben der EU müssen national und auf Landesebene pragmatisch umgesetzt werden. Die angebotenen Gestaltungsräume müssten auch genutzt werden. Herr Dr. Werner bedankte sich bei den Referenten für die interessanten und informativen Vorträge sowie für die Diskussionsbeiträge aus dem Auditorium. Die Tagungsvorbereitung und vorbildliche Organisation der Veranstaltung wurden ausdrücklich gelobt. Mit organisatorischen Hinweisen zu den Exkursionen am dritten Tagungstag endete die Vortragsveranstaltung der 26. DLKG-Bundestagung. Wie bereits eingangs dargestellt, ist eine ausführliche Zusammenfassung der einzelnen Vorträge der DLKG-Schriftenreihe, Heft 03, 2005 zu entnehmen.

Am dritten Tagungstag, den 7. Oktober, fanden zwei Fachexkursionen mit je etwa 30 Teilnehmern statt. Exkursion I führte unter der Leitung von Herrn Reinhard Karlen und Herrn Gottschalk (Amt für Landentwicklung Göttingen) in den Südharz und das Eichsfeld. Erste Station war das „Rebhuhnschutzprojekt“ im Landkreis Göttingen. Vertreter der Biologischen Schutzgemeinschaft Göttingen e.V. erläuterten vor Ort die Kooperation mit der örtlichen Landwirtschaft. Im Rahmen des Niedersächsischen Agrar- und Umweltprogramms („NAU“) werden in Kooperation mit örtlichen Landwirten Blühstreifen entlang der Äcker angelegt. Die insektenreichen Gras-/Krautsäume bereichern das Landschaftsbild einer ansonsten intensiv genutzten Agrarlandschaft, verbessern das Nahrungsangebot und bieten dem Rebhuhn Deckung. Im Flurneuordnungsverfahren Schwiegershausen, Landkreis Osterode/Harz wurden die Ergebnisse des Bodenmanagements in der Feldflur präsentiert. Neben einer verbesserten Erschließung und Zusammenlegung des Grundbesitzes war die Biotopvernetzung ein Schwerpunkt des Verfahrens. Besonderes Interesse fand eine kostengünstige Alternative zu den asphaltierten Wirtschaftswegen – ein Wegebau mit hydraulisch gebundener Tragdeckschicht. Letzter Programmpunkt war die Besichtigung des landwirtschaftlichen Betriebes der Heinz-Sielmann-Stiftung in Duderstadt.

Die zweite Exkursion veranschaulichte das am Vortag von Frau Dr. Bertke und Dipl.-Ing. Anne Richter gen. Kemmermann präsentierte Northeimer Modellprojekt. Mit den Landwirten konnte vor Ort, in Hevensen, über Vor- und Nachteile eines marktorientierten Honorierungssystems für ökologische Leistungen diskutiert werden. Die Besichtigung eines landwirtschaftlichen Betriebes in Wiebrechtshausen sowie die Führung durch ein Saatzuchtunternehmen in Einbeck waren weitere Exkursionsziele.