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Die Deutsche Landeskulturgesellschaft erstmals auf dem
Zukunftsforum Ländliche Entwicklung in Berlin

Bericht:

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Thiemann
Vorsitzender der DLKG

Die Referenten: Soboth, Wintergerst, Kaluza, Klimaschewski, Müller, Lazay, Ewald, Thiemann, Conrad

Die Referenten: Soboth, Wintergerst, Kaluza, Klimaschewski, Müller, Lazay, Ewald, Thiemann, Conrad

Die Deutsche Landeskulturgesellschaft (DLKG) hat sich und die von ihr in den letzten zehn Jahren erarbeitete Strategie der demografiegerechten, sozialen Dorfentwicklung überaus erfolgreich auf dem 10. Zukunftsforum Ländliche Entwicklung in Berlin am 25. und 26. Januar 2017 präsentiert.

Seit 2008 veranstaltet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jährlich zur Internationalen Grünen Woche in Berlin das Zukunftsforum Ländliche Entwicklung. Mit der Teilnahme von mehr als 1.000 Multiplikatoren aus Politik, Wissenschaft und Ländlicher Entwicklung ist die Veranstaltung stets gut besucht.

Nach der Eröffnung des Forums durch den Bundeslandwirtschaftsminister können die Besucher zwischen rund 25 Begleitveranstaltungen wählen, in denen aktuelle Fragestellungen der ländlichen Entwicklung vertieft behandelt und diskutiert werden.

Das diesjährige 10. Zukunftsforum stand unter dem Motto „Ländliche Räume – Miteinander die Zukunft gestalten“. Gemeinsam mit der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Nachhaltige Landentwicklung“ (ArgeLandentwicklung) war die DLKG für die Begleitveranstaltung „Das soziale Dorf als Ankerpunkt im ländlichen Raum“ verantwortlich und mit rd. 200 Teilnehmern überaus gut besucht. In seiner Eröffnungsrede hob Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hervor, dass etwa die Hälfte der Einwohner Deutschlands auf dem Land lebt. Für sie sind die ländlichen Räume, die knapp 90 % der Fläche Deutschlands umfassen, nicht nur Natur- und Erholungsort, sondern auch Lebensraum und Arbeitsplatz.

Es sei daher ein wichtiges Ziel der Bundesregierung, attraktive, lebenswerte und vitale ländliche Regionen zu schaffen und zu erhalten. Im Koalitionsvertrag spricht sich die Regierung für gleichwertige Lebensverhältnisse in Städten und ländlichen Räumen aus. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nimmt sich dieser Aufgabe an und setzt sich für die ländlichen Regionen ein. Ein neues Instrument des BMEL für die nachhaltige Gestaltung der ländlichen Regionen ist das 2015 eingeführte Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ (BULE), welches Bundesminister Schmidt in seiner Eröffnung näher vorstellte. Geplant sei darüber hinaus, die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) durch eine Grundgesetzänderung (Art. 91a GG) zu einer Gemeinschaftsaufgabe Strukturverbesserung ländlicher Räume weiter zu entwickeln.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war das Vierte Gesetz zur Änderung des GAK-Gesetzes (GAKG) vom 11. Oktober 2016. Hierdurch wurde der Förderkatalog in § 1 Abs. 1 GAKG um eine neue Nr. 7 ergänzt.

Danach gehören nun zur GAK auch Maßnahmen zur Förderung der Infrastruktur ländlicher Gebiete im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union, wie Investitionen in nicht landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben, in kleine Infrastrukturen, in Basisdienstleistungen sowie Förderungen zur Umnutzung dörflicher Bausubstanz, zugunsten des ländlichen Tourismus und zur Verbesserung des kulturellen und natürlichen Erbes von Dörfer.

Die Gesetzesänderung zielt speziell auf die Gewährleistung gleichwertiger Lebensbedingungen in ländlichen Räumen ab. Vor allem in Gebieten mit besonderer Betroffenheit durch den demografischen Wandel soll die Grundversorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen verbessert werden. Damit können erstmals im Rahmen der GAK auch Investitionen in außerlandwirtschaftlichen Bereichen gefördert werden, wenn sie für die Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge auf dem Land bedeutsam sind. Im GAK-Rahmenplan 2017 vom 8. Dezember 2016 wurde dies bereits mit den neuen Grundsätzen für die Förderung von „Kleinstunternehmen der Grundversorgung“ und „Einrichtungen für lokale Basisdienstleistungen“ umgesetzt. Darüber hinaus haben die Förderungsgrundsätze zur Dorfentwicklung eine Erweiterung erfahren, die nun auch „die Dorfmoderation zur Begleitung von Veränderungsprozessen auf örtlicher Ebene“ einschließen.

Im nachfolgenden Impulsvortrag erörterte Prof. Dr. Michael Hüther, vom Institut der deutschen Wirtschaft/ Köln, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume in Deutschland und die sich daraus ergebenden Herausforderungen. Dabei wurde deutlich, dass gerade die strukturschwachen ländlichen Regionen besonders betroffen sind, weil hier die in den nächsten 20 Jahren zu erwartende starke Alterung der Gesellschaft durch die nach wie vor anhaltende Abwanderung vor allem junger Menschen drastisch verstärkt wird.

Genau an dieser Stelle setzt die von der DLKG in den letzten Jahren entwickelte Strategie der sozialen Dorfentwicklung an, die inzwischen mit der Dorfmoderation Eingang in die GAK gefunden hat, und Thema der Begleitveranstaltung „Das soziale Dorf als Ankerpunkt im ländlichen Raum“ war.

Dr. Ekkehard Wallbaum, Vorsitzender der ARGELandentwicklung, stellte in seiner Begrüßung die aktuelle Relevanz heraus.

Zur Einführung in das Thema erörterte Prof. Dr. Karl-Heinz Thiemann, Universität der Bundeswehr München, die besondere Problemlage der strukturschwachen, peripher gelegenen ländlichen Räume, die von wirtschaftlicher Stagnation und Abwanderung betroffen sind.

Diese Regionen spüren besonders stark die Auswirkungen des demografischen Wandels in Form der ausbildungs- und berufsmotivierten Abwanderung junger Menschen und einer dadurch verstärkten Alterung der Bevölkerung.

Um hierauf angemessen reagieren zu können, ist eine Doppelstrategie notwendig, die einerseits die Haltefaktoren stärkt, um der anhaltenden Abwanderung so weit wie möglich entgegenzuwirken, und andererseits die Siedlungs- und Infrastrukturen sowie das dörfliche Gemeinschaftsleben an die geringer und älter werdende Bevölkerung anpasst.

Neben den klassischen Maßnahmen der Bodenordnung und Dorferneuerung zur Schaffung eines attraktiven Wohnumfelds und Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung sind daher die bisher vielfach verfolgten Wachstumsstrategien auf Schrumpfung umzustellen. Die demografiegerechte, soziale Dorfentwicklung erfordert sowohl eine Anpassung der Siedlungs- und Infrastrukturen an den geringeren Bedarf, als auch den Aufbau sorgender Gemeinschaften mit dem Ziel, die Nahversorgung und Daseinsvorsorge, aber auch ein ansprechendes sozio-kulturelles Angebot durch Eigeninitiative sicherzustellen. Dazu ist wiederum ein Change Management (Dorfmoderation) notwendig, welches das Bewusstsein und die Einsicht bei allen Akteuren für die notwendigen Veränderungsprozesse schaffen und damit ein soziales Dorfs ermöglichen soll.

Wie das soziale Dorf in Einzelnen auszugestalten ist, wurde in den anschließenden Fachvorträgen deutlich und nachvollziehbar. Prof. Dr. Theresia Wintergerst, Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, stellte mit dem Motto „Miteinander statt nebeneinander“ die soziale Innovation durch Koproduktion in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Dr. Andrea Soboth, Institut für Regionalmanagement (IfR)/ Gießen, erörterte unter dem Schlagwort „Soziales Dorf“ die Bedeutung der Kultur des Zusammenlebens für den nachhaltigen Aufbau sorgender Dorfgemeinschaften und griff dabei im Wesentlichen auf ihre Ende 2016 abgeschlossene Dissertation „Gestaltete lokale Veränderungsprozesse (LVP) – Change Management als neues Instrument der Landentwicklung“ zurück. Die Forschungsarbeit ist inzwischen als Heft 92 in der Schriftenreihe des Instituts für Geodäsie der Universität der Bundeswehr München erschienen.

Ministerialrat Wolfgang Ewald, Leiter des Arbeitskreises 1 und des Sonderarbeitskreises „Soziale Dorfentwicklung“ der ARGELandentwicklung, verdeutlichte, dass die soziale Dorfentwicklung Auftrag der Landentwicklung sein muss und die vorhandenen Instrumente wirkungsvoll ergänzen kann. Hierzu wird die ARGELandentwicklung in Kürze ein eigenes Strategiepapier herausgeben.

Um den Bogen von der Theorie zur Praxis und damit der konkreten Umsetzung zu schlagen, war der zweite Teil der Begleitveranstaltung den Best-Practice-Beispielen gewidmet. Sabine Conrad, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), erläuterte innovative Ideen und Strategien für die soziale Dorfentwicklung, die das BLE in einer ersten Auswertung des BULE-Wettbewerbs abgeleitet hat.

David Kaluza, Bürgermeister der Gemeinde Niederer Fläming, und Sandra Klimaschewski, Ortsvorsteherin des Ortsteils Hohenseefeld, sowie Matthias Müller, Ortsbürgermeister von Gladiegau, Hansestadt Osterburg (Altmark), und Pfarrer Norbert Lazay stellten abschließend sehr überzeugend Beispiele der sozialen Dorfentwicklung aus ihren Kommunen vor. Diese Best-Practice-Beispiele verdeutlichten, dass das soziale Dorf „Chefsache“ sein muss und es durch Motivation und Aktivierung der Akteure gelingen kann, sorgende Gemeinschaften wirkungsvoll aufzubauen.

Dies unterstrich auch die von Dr. Wallbaum moderiete Plenums- und Abschlussdiskussion. In seinem Schlusswort betonte Dr. Wallbaum nochmals die Vielfältigkeit der ländlichen Räume, so dass es keine Patentrezepte geben könne, sondern individuell gestaltete lokale Veränderungsprozesse durch Dorfmoderation notwendig sind.

Aus Sicht der DLKG ist festzuhalten, dass der erste Auftritt beim Zukunftsforum Ländliche Entwicklung sehr gelungen war. Von den insgesamt 24 Begleitveranstaltungen mit zusammen 1038 Anmeldungen lag die gemeinsam von ARGELandentwicklung und DLKG durchgeführte Veranstaltung „Das soziale Dorf als Ankerpunkt im ländlichen Raum“ mit 199 Anmeldungen weit vorn auf dem zweiten Platz. Geplant ist, das hochaktuelle und überaus nachgefragte Thema der sozialen Dorfentwicklung in der DLKG fortzuführen und auch auf dem 11. Zukunftsforum 2018 in Berlin wieder dabei zu sein.

Das vollständige Programm und die Dokumentation aller Zukunftsforen seit 2008 finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Hier sind auch die Präsentationen und schriftlichen Ausarbeitungen der genannten Vorträge veröffentlicht, sofern sie von den Referenten zur Verfügung gestellt wurden.