Technikumbau in der Landentwicklung in Deutschland

Fachtagung am 19. Februar 2014
der Arbeitsgruppe Rheinland-Pfalz-Hessen und Saarland

Bericht:

Dipl.-Ing. geod. Thomas Mitschang
stellv. Vorsitzender der DLKG

Eine DLKG-Tagung zum Thema Technikumbau? Die Ankündigung der Regionalveranstaltung löste hier und da Verwunderung aus. Eine restlos gefüllte Aula der Fachhochschule in Mainz zeigte jedoch, dass die regionale Arbeitsgruppe der DLKG mit der Tagung ins Schwarze getroffen hatte.

Entwicklungsprozesse im ländlichen Raum, insbesondere Landentwicklung und ländliche Bodenordnung sind ohne technische Entwicklungen unvorstellbar. Da die technische Bearbeitung von Flurbereinigungsverfahren durch die Einführung von LEFIS in mehreren Bundesländern vor einem großen Umbruch steht, war es an der Zeit, die technischen Entwicklungen der letzten 30 Jahre im Bereich Datenverarbeitung, Vermessung und Photogrammetrie Revue passieren zu lassen. Mit Blick in die Zukunft stellte sich die Frage, welche technischen Herausforderungen auf den Landentwickler von morgen zukommen.

Nach Begrüßung und Einführung in die Tagung durch den Vorsitzenden der DLKG-Arbeitsgruppe Rheinland-Pfalz/ Hessen/ Saarland, Herrn Thomas Mitschang, folgte ein Grußwort der Leiterin der Abteilung Landwirtschaft, Weinbau und Wirtschaftsrecht der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD), Frau Birgit Falk. Die Referentin unterstrich die Bedeutung der Technik für die Landentwicklungsverwaltung in Rheinland-Pfalz. Angesichts des bevorstehenden und notwendigen Technikumbruchs in der Verwaltung müsse der damit verbundene personelle Kraftakt gemeinsam gestemmt werden.

Herr Prof. Dr. Karl-Friedrich Thöne eröffnete anschließend die Fachvorträge mit seinem Beitrag zum Thema: „Landentwicklung in Deutschland – vielseitiges geodätisches Wirken für die ländlichen Räume“. Ausgehend von der „Dachmarke Geodäsie“ als konsistenter berufspolitischer Orientierungsrahmen für die geodätische Fachgemeinschaft und Wissenschaft thematisierte er die Akzeptanz und die Wahrnehmung der Geodäsie. Die Zukunftsfähigkeit und die Attraktivität der Geodäsie für den Nachwuchs, so Prof. Thöne, werde nach deren Beiträgen zur Lösung gesellschaftlicher Zukunftsfragen bemessen. Am Beispiel der Landentwicklung zeigte er zentrale Wirkungsfelder der Geodäten in den Bereichen Infrastrukturmodernisierung, Klimawandel, Energiewende, Nachhaltigkeitsprinzip, Flächenhaushaltspolitik und demographischer Wandel auf. Als Antwort auf die Frage, wie Landentwicklung effizient zu organisieren sei, ging Herr Prof. Dr. Thöne detailliert auf den Begriff „Good Governance“ ein und unterstrich die Bedeutung des institutionellen Aufbaus und des Instrumententools der Landentwicklung.

Herr Prof. Dr. Joachim Thomas referierte anschließend über das Thema: „Bedeutung von Technik und Automation für die Landentwicklung in Deutschland – Entwicklungslinien“. Er stellte dar, dass die fast 100jährige Entwicklungsgeschichte von Technik und Automation in der deutschen Landentwicklung wesentlich davon geprägt wurde, die politischen Zielvorgaben der Kosten- und Zeitersparnis mit höchster Effizienz zu erfüllen. Als Entwicklungslinien stellte Herr Prof. Thomas die Veränderungen von Technik und Automation bei den technisch-planerischen Arbeitsvorgängen sowie in den Verwaltungsverfahren der Landentwicklung vor. Er hob die Bedeutung von Technik und Automation im Hinblick auf Öffentlichkeit und damit auf Transparenz hervor und betonte die wichtige Rolle der ArgeLandentwicklung für den dargestellten Entwicklungsprozess.

Daran anknüpfend trug Herr Andreas Wizesarsky als Leiter des Arbeitskreises III – Technik und Automation der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft nachhaltige Landentwicklung zum Thema „Technik und Automation für die Landentwicklung in Deutschland – Stand und Visionen“ vor. Auf Grundlage des gemeinsamen Erfahrungsaustausches der Länder im AKIII teilte er die aktuellen Herausforderungen in drei Bereiche ein. Die Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit und der Bürgerbeteiligung im Sinne eines Open Government bildete den ersten Bereich. Neben der Präsentation im Internet durch digitale Broschüren und webbasierte Geoinformationssysteme wurde vor allem das gemeinsame Portal angesprochen, in dem bundesweit die laufenden Flurbereinigungsverfahren im gemeinsamen wms-Profil dargestellt werden sollen. Weiterhin wurden die Folgen und Herausforderungen angesprochen, die durch das E-Government-Gesetz (EGovG) des Bundes hervorgerufen werden. Als zweiter Bereich sprach Herr Wizesarsky die Unterstützung der Organisationsentwicklung an. Hier wurden als wesentliche Schwerpunkte die Benutzerbetreuung in komplexen Organisationsstrukturen, die Unterstützung bei der Umorganisation von Verwaltungen und die Sicherstellung eines nachhaltigen Wissenstransfers identifiziert. Als dritter Bereich wurde die Modernisierung der fachlichen Informationstechnologie aufgeführt und mit Beispielen wie LEFIS, medienbrucharme Datenerfassung durch Tablet-PCs, Einsatz mobiler Laserscanner und der Einsatz von Drohnen in der Photogrammetrie veranschaulicht.

Der Vortrag von Herrn Wizesarsky endete mit der Feststellung, dass die Verwaltungen für ländliche Entwicklung technisch am Puls der Zeit sind und es demzufolge nicht erforderlich ist, dass einzelne Verwaltungen eigene technische Lösungen entwickeln. Die DLKG-Regionaltagung war gleichzeitig dem 30-jährigen Wirken von Herrn Harald Durben gewidmet. Als langjähriger Leiter des AKIII der ArgeLandentwicklung hat Herr Durben viele technische Verfahren geprägt und voran gebracht, die heute in den einzelnen Landentwicklungsverwaltungen erfolgreich eingesetzt werden,. Viele der Referenten würdigten diese Leistung in ihren Vorträgen. Zum Abschluss der Veranstaltung trug der Flurbereinigungschor der Landentwicklungsverwaltung Rheinland-Pfalz ein Abschiedslied vor. Zuvor referierte Herr Durben aber selbst noch zum Thema: „Photogrammetrie in der Landentwicklung – Grundlage effizienter Landentwicklungsprozesse“. Er wertete neben der Datenverarbeitung den Einsatz der Photogrammetrie als bedeutende Technik zur Effizienzsteigerung bei der Bearbeitung von Bodenordnungsverfahren. Er spannte den Bogen von den Meilensteinen der Entwicklung bis hin zu neuen Methoden wie Punktfestlegung durch Digitalisierung und hoch aufgelöste genaue digitale Orthophotos. Es sei der Vielfach- oder Mehrfachnutzen, der die Photogrammetrie so wirtschaftlich mache. Anhand von aktuellen Beispielen der praktischen Anwendung der Photogrammetrie in Flurbereinigungsverfahren in Rheinland-Pfalz verdeutlichte Herr Durben die beeindruckenden Genauigkeiten der photogrammetrischen Produkte. Mit einem visionären Ausblick in die Anwendung von 3D-Visualisierungen und den Einsatz von Multicoptern, Drohnen und anderen Kleinfluggeräten beendete Herr Durben seinen Vortrag.

Der Nachmittag des ersten Tagungstages stand ganz im Zeichen von LEFIS, dem Landentwicklungfachinformationssystem. Herr Jörg Fehres eröffnete diesen Vortragsblock als Leiter der Expertengruppe LEFIS mit dem Thema: „LEFIS – ein Beitrag für eine zukunftsorientierte Landentwicklung“. Zuerst berichtete er über die Entstehung und die Ziele von LEFIS als Projekt der ArgeLandentwicklung. Er führte aus, dass mit LEFIS die Vermeidung von Redundanzen durch getrennte Sach- und Grafikdaten erreicht und dass LEFIS mit einem objektorientierten Datenmodell auf Grundlage internationaler Standards und Normen fußen soll. Weiterhin sollen mit LEFIS die Probleme des Datenaustausches mit ALKIS gelöst werden. Herr Fehres führte in die Struktur von LEFIS ein und verdeutlichte die Beziehungen zum AFIS-ALKIS-ATKIS (AAA-) Modell. Er zeigte die Bestandteile von LEFIS auf und veranschaulichte, wie der Austausch mit den Systemen ALKIS oder EGB angedacht ist. Insbesondere ging er auf die bewältigten und die noch bevorstehenden Aufgaben der Expertengruppe ein. Tobias Wienand, der Projektmanager in der Startphase der Implementierungsgemeinschaft LEFIS, referierte im Anschluss zum Thema „Implementierung des neuen Fachdatenmodells LEFIS – Synergieeffekte durch das Zusammenwirken in einer Gemeinschaft“. Sehr anschaulich verdeutlichte Herr Wienand den Weg zur Implementierungsgemeinschaft und erklärte deren Aufgaben und Gremien. Die gemeinsame Ausschreibung und der Auftrag zur Realisierung des Programmsystems wurden als erfolgreich gemeisterte Mammutaufgabe dargestellt. Der derzeitige Stand der Implementierung wurde aufgezeigt. Im Mittelpunkt des Vortrages von Herrn Wienand standen die Synergieeffekte, die aufgrund einer gemeinsamen Implementierung von LEFIS erreicht werden können.

Darauf folgend trug Herr Markus Müller, Bereichsleiter Public Sector bei AED-SICAD, zur Umsetzung des Datenmodells LEFIS mit Hilfe von AED-SICAD vor. Aus Sicht der implementierenden Firma berichtete er über die Ziele, die Chancen, aber auch über die Herausforderungen, die mit der Realisierung von LEFIS einhergehen. Er gab dem Auditorium einen Einblick in die Projektorganisation und das Applikationsmodell. Er berichtete vom Stand der Umsetzung und gab mitreißend Einblicke in die bereits realisierten Anwendungen. Der Themenblock wurde durch Herrn Thomas Mitschang abgeschlossen, der als Vertreter der Technischen Zentralstelle beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (DLR R-N-H) den vielen interessierten Mitarbeitern der Flurbereinigungsverwaltung Rheinland-Pfalz in seinem Vortrag das geplante Einführungs und Schulungskonzept für LEFIS in Rheinland-Pfalz darlegte.

Der zweite Veranstaltungstag wurde mit einem Grußwort des Vorsitzenden der Vereinigung der Bediensteten der Landentwicklung in Rheinland-Pfalz (VLR), Herrn Michael Ehleringer, eröffnet. Die VLR richtete gemeinsam mit der DLKG diese Regionaltagung aus. Die Fachvorträge wurden eröffnet von Herrn Hans-Gerd Stoffel vom Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz, der das Thema „ALKIS – eine zukunftsorientierte Lösung für die Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz“ vortrug. Ausgehend von Megatrends, wie demographische Veränderungen, Globalisierung, Haushalt, Erwartungen der Bürger und der Wirtschaft sowie E-Government stellte er die Ziele und Lösungsansätze des Mega-Projektes ALKIS vor. Insbesondere veranschaulichte er in diesem Zusammenhang die notwendige Standardisierung aller Geobasisdaten, die Bereitstellung von Geodateninfrastruktur und Geoinformationssystemen, die Vorteile durch die integrierte Führung von Geometrie und Sachdaten sowie den ALKIS-Workflow. Herr Hermann-Josef Heinz, ebenfalls vom Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz referierte zum Thema „ALKIS – Erfahrungen bei der Einführung in der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz“. Nach Erläuterung der Ausgangssituation und der Rahmenbedingungen (Verwendung von Geobasisinformationen, Dokumentation zur Modellierung der Geoinformationen GeoInfo-Dok) zeigte er anhand von Einzelaspekten die gewonnenen Erfahrungen bei der Einführung von ALKIS auf. Unter anderem spielten hierbei Themen wie Koordinierung des Projektes, Einführung, Schulung, Migration, Öffentlichkeitsarbeit und Zertifizierungsmaßnahmen die wesentlichen Rollen.

Herr Dr.-Ing. Jörg Kurpjuhn, Abteilungsleiter beim Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz (LVermGeo) veranschaulichte in seinem Vortrag den Weg, wie die Zusammenarbeit und der Datenaustausch zwischen Vermessungs- und Katasterverwaltung und der Flurbereinigungsverwaltung in Rheinland-Pfalz von statten gehen und wie die Prozesse weiter vereinfacht werden könnten. Die Bündelung von Fachwissen in beiden Verwaltungen durch die Fachgruppe amtsübergreifende Dienstleistungen (LDL), in der die Abteilung Raumbezug, Liegenschaftskataster, Bodenmanagement beim LVermGeo und die Technischen Zentralstelle beim DLR R-N-H zusammen arbeiten, wurde als Erfolgsmodell für die Kommunikations- und Datenaustauschprozesse beider Verwaltungen dargestellt. Herr Andreas Dresen vom Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz eröffnete anschließend einen konzentrierten Blick auf die vermessungstechnische Zusammenarbeit von Flurbereinigung und Liegenschaftskataster in Rheinland-Pfalz. Ausgehend von Problemen und den zugehörigen Lösungsansätzen der Vergangenheit stellte er die aktuellen Regelungen zur Zusammenarbeit vor. Dabei ging er insbesondere auf die Besonderheiten bei der Bestimmung und Abgrenzung des Flurbereinigungsverfahrensgebietes und die dort möglichen vereinfachten Prozesse ein. Danach fokussierte er die Kostenregelungen zwischen beiden Verwaltungen.

Herr Dresen schloss mit dem Appell an beide Verwaltungen, bei allen anstehenden technischen Neuerungen, stets die gemeinsamen Ziele im Auge zu behalten.

Die Vortragsreihe wurde geschlossen von Herrn Hartmut Alker, der als Vorsitzender der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Landentwicklung zum Thema „Aus Erfahrungen lernen – Technische Ideen für die Zukunft gemeinsam über alle Ländergrenzen hinweg entwickeln“ referierte und damit eine Klammer um alle Tagungsthemen schloss. Die Schlussworte übernahm an beiden Tagen Herr Prof. Axel Lorig, der federführend für die Ausgestaltung der gelungenen Tagung verantwortlich war.